Saint Tropez – besser ich geh‘

Geht es Euch auch so? Der Gendarm von Saint Tropez ist einer meiner absoluten Lieblingsfiguren aus den Filmen meiner Kindheit.

Als ich gelesen habe, dass es das Haus der Gendarmerie noch immer gibt, schlug mein Herz im 5/4 Takt. Mal sehen, ob wir in St Tropez etwas vom Flair der Louis de Funés Zeit erleben können.

Um es vorweg zu nehmen – es fühlt sich großartig an, vor der Gendarmerie zu stehen. Wir haben 31 Grad im Schatten und die Sonne brennt. Aber das ist mir egal. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Gendarm Cruchot durch die Altstadt schlendern und Strafzettel verteilen. Für diesen kurzen Moment hat sich der Weg hierher gelohnt.

Gibt es noch einen Grund nach St Tropez zu reisen? Meines Erachtens nur noch einen. Um live und im vollen Ausmaß zu erleben, was man kaum versteht, wenn man es nicht sieht. Nämlich, dass die Vermögen auf dieser Welt extrem ungleich verteilt sind. So ungleich, dass zu viele Menschen mit ihrem Geld nichts Nutzbringendes mehr anstellen.Da sind auf der einen Seite die hunderten Luxusyachten, Bentleys, Supersportwagen und ihre Eigentümer, die allzu gern zeigen, was sie haben. Das klappt ziemlich gut, weil hier gleichzeitig viele Leute den Luxus gern bestaunen. Was für ein verrückter Zirkus?!

Versteht mich nicht falsch. Ich mag die schönen Dinge dieser Welt. Ich kann mir aber nicht erklären, welchen Sinn es macht, ein Auto zu fahren, dass soviel kostet wie zwei Einfamilienhäuser.

Es ist schon schade, dass wir nicht mehr vom Hafen und der Altstadt gesehen haben. Aber nach gut einer Stunde halten wir es hier nicht mehr aus, zum einen wegen der Wärme aber auch wegen der ganzen Protzerei. Es kommt uns vor, als wäre der einzige Zweck dieser Stadt, dem „Jet Set“ eine Bühne zum Angeben zu bieten.

Wenn ich so darüber nachdenke, empfinde ich Saint Tropez als gutes Beispiel, wie das Zusammenleben in einer Gesellschaft nicht funktionieren kann. Werde ich jetzt zum Marxisten? Wohl nicht. Aber es gibt viele Orte, an denen ich mich deutlich wohler fühle.